Les Complices* freuen sich sehr auf die kommende Ausstellung: „Sie ist eine Widerverwerterin“ – eine Rechercheprojekt zu Prekarität, Arbeit und Widerstand von Julia Weber. Die Ausstellung zeigt die variable Audioinstallation. Die Audiospuren sind Verdichtungen, Abstrahierungen und Fiktionalisierungen von biographischen Interviews, welche Julia Weber mit langzeiterwerbslosen Menschen durchgeführt hat. Darüber hinaus wird die Fotoarbeit „Löcher und Tore“ gezeigt, welche parallel zum Rechercheprojekt entstanden ist.
In der Schweiz sind Arbeits- und Lebensverhältnisse einer zunehmenden Flexibilisierung und Prekarisierung ausgesetzt. Dies drückt sich in Beschäftigungsformen aus (z.B. Teilzeitarbeit, befristete Stellen, Entgrenzung von Arbeit und Freizeit), die vom einstmals vorherrschenden „Normalarbeitsverhältnis“ abweichen. Sichere Jobs werden für Menschen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten immer seltener. Menschen müssen sich an Mobilität gewöhnen und den Umgang mit permanenter Veränderung eintrainieren. Gleichzeitig definiert die Erwerbsarbeit nach wie vor den sozialen Status einer Person und fungiert als alltäglicher Sinngeber. Menschen, die aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen werden, werden Opfer gesellschaftlicher Stigmatisierungsprozesse. Ihre Arbeitslosigkeit wird als selbstverschuldet betrachtet, obschon sie meist strukturellen Ursprungs ist. Wer an den sozialen Rand gerät, wird auf sich selbst zurückgeworfen, der Umgang damit von aussen oft unsichtbar.
Das Audio-Archiv, mit welchem Julia Weber arbeitet, basiert auf Gesprächen mit Teilnehmenden von Fotoworkshops für Langzeiterwerbslose (seit 2012). Sie will mit ihrer Vorgehensweise ihren Hauptfiguren Raum bieten, ihre Geschichten ‚mitzuschreiben’: Aufgrund der erlebten Diskriminierungen wissen Betroffene sehr genau, wie gesellschaftliche Prozesse der Ein- und Ausgrenzung funktionieren und schaffen sich eigene reale und imaginäre Räume der Schmerzbewältigung und des Miteinanders.
Im Rahmen der Ausstellung findet am 2. September um 19 Uhr ein Close Viewing statt, eingeladen ist eine betroffenen Akteurin. Wir diskutieren über das Verhältnis von Muttersein, Arbeit und Prekarität.