Anders als die offiziellen Sammlungen historischer Museen, zeichnet sich das Archiv des Hans Diez durch eine Fülle von alltäglichen Aufzeichnungen wie Telefon- und Einkaufslisten, Postkarten oder Ferienfotos aus. Geboren in Deutschland im anbrechenden zwanzigsten Jahrhundert, absolviert Hans Diez eine Ausbildung zum Bäcker-Konditor. 1939 wird er in den Krieg eingezogen, wo er – bis zu seiner Gefangennahme durch die US-Truppen – als Fliegerabwehrschütze dient. Darauf folgen Jahre der Kriegsgefangenschaft, erst in den USA, später in England. Nach seiner Entlassung kehrt Diez Ende der 1940er Jahre nach Deutschland zurück und emigriert einige Jahre später, gemeinsam mit seiner Frau, in die Westschweiz. Bis zu seiner Pensionierung arbeitet er als Chefkonditor der in Fribourg ansässigen Firma Villars, für die er unter anderem die Original Villars Schokobanane erfindet.
Hans Diez persönliches Archiv besteht unter anderem aus Reiseunterlagen, Notizheften, Arbeitszeugnissen, Zuckerbäckerrezepten, einem detaillierten Haushaltsbuch, Fotos der 1920er bis 1980er Jahren, Todesanzeigen, Briefen aus der Gefangenschaft, Postkarten und einem Stein aus den Katakomben in Rom. Es bildet die Ausgangslage der Ausstellung La pièce sacrée. Die beiden Rauminstallationen, tour 762 und oktober '83, bezeichnen dabei unterschiedliche Formen der Aneignung von vorgefundenem Material.
Im Sommer 1964 reist Hans Diez mit Globus Tours nach Capri und steigt dort im Hotel Esperia ab. 2008 wiederholen Köhle / Vermot Petit-Outenin die Tour 762. In der Installation vermischt sich Archivmaterial mit Aufnahmen aus der Gegenwart, so geht beispielsweise die Tonspur der Installation auf ein Gespräch zurück, das die Künstlerin und der Künstler mit dem Enkel des damaligen Hotelbesitzers geführt haben.
Dies Haushaltsbuch liefert die Anleitung zur partizipatorischen Installation oktober '83. Jedem Ausstellungstag ist ein A4 Blatt mit im Haushaltsbuch von 1983 vermerkten Einkäufen, zugeordnet. Alle “Tage“ können von Ausstellungsbesucherinnen gekauft werden. Mit dem Erwerb eines Tagesblattes wird der Einkauf durch Köhle & Vermot Petit-Outenin ausgeführt und durch die Kaufquittungen belegt. Die Käufer_innen erhalten nach dem Ende der Ausstellung ihre Blätter zugeschickt. Die Waren werden zu einem Teil der Installation. In unregelmässigen Abständen laden Köhle & Vermot Petit-Outenin Gäste zu Essen in der Installation ein. Die Installation, und somit auch die darin stattfindenden Essen, wird durch eine Kamera in das Schaufenster zur Anwandstrasse übertragen.
Links: koehlevermot.ch