Vernissage
06.04.2016
Ausstellung bis
30.04.2016
Ausstellung
Do, Fr 14-18 Uhr, Sa: 12-16 Uhr
 
 

Hot Club and Friends: Jenseits von aktiv und passiv

Les Complices* freuen sich sehr Die Ausstellung Hot Club and Friends: Jenseits von aktiv und passiv zeigen zu können.

Die Ausstellung Hot Club and Friends: Jenseits von aktiv und passiv öffnet eine Tanzfläche, um Fragen über die zunehmende Verlagerung traditioneller Formen des Cruisings weg von realen in virtuelle Räume und deren Implikationen für eben jene physischen Räume zu untersuchen. Zudem soll die Ausstellung und Veranstaltungsreihe bei Les Complices* einem queeren, eher Männer-dominierten Kollektiv, das bemüht ist solche realen Räume zu schaffen und Community-Building zu betreiben, eine weiterführende Reflexion über blinde Flecken der eigenen Praktiken, z.b. über Gender und Whiteness, ermöglichen.


Hot Club (HC) ist ein Queer-Kollektiv, das seit mehr als fünf Jahren zwischen Zürich, Berlin und Leipzig arbeitet und an wechselnden Orten in Zürich Nachttanz-Events, hauptsächlich für Männer, die auf Männer stehen, veranstaltet. Der Name der Gruppe geht dabei auf die Hot-Club-Bewegung der 1930er Jahre zurück: in verschiedenen europäischen Grossstädten entstanden zu jener Zeit sogenannte Hot Clubs, in denen zu Hot Jazz und Swing-Musik getanzt wurde (und die im deutschen Nationalsozialismus auch verfolgt wurden). Diese begriffliche Aneignung stellt die Events auch heute in einen sexpositiven, also auch zu Sex einladenden Kontext.
Der Titel der Ausstellung bezieht sich einerseits auf die in der schwulen Szene häufig anzutreffende, allerdings einer heteronormativ-binären Logik folgende Unterscheidung aktiv/passiv, welche die entweder penetrierende oder penetriert werdende Rolle (oder Rollenpräferenz) beim Sex beschreibt, und gleichzeitig auf die Dichotomie aktiv/passiv im Hinblick auf klassisch politischen Aktivismus und vermeintlich apolitischer Passivität. Hot Club verortet sich jenseits dieser Spannungsfelder. Hot Club’s Selbstverständnis entspricht einer unbestimmten Mischung aus Nachttanz-Kultur, queerem Aktivismus und künstlerischer Praxis. Die Idee zu einer Ausstellung entstand ausgehend von einer Aktion, die an einer HC Veranstaltung unter dem Motto and now show me yours stattfand: Jede_r Besucher_in bekam am Eingang einen Cockring, an dem ein Zettel befestigt war, mit der Aufforderung ein Cockpic an ein eigens dafür eingerichteten E-Mail Account und Profilen auf verschiedenen schwulen
Online-Plattformen zu senden. Die so gesammelten Cockpics wurden am nächsten Hot Club als Gloryhole-artige Installation präsentiert. Die selbe Installation ist nun auch in dieser Ausstellung in veränderter Form zu sehen.

Die Ausstellung gliedert sich in zwei Räume. Im ersten, grossen Raum sind vor allem über die Jahre angesammelte Deko-Elemente als Exponate ausgestellt. Der ganze Raum wird an den Wänden mit verschiedenen Mottos vergangener Hot Club Veranstaltungen eingerahmt, die stark vergrössert, jedoch mit den jeweiligen Original-Typografien den alten HC Flyern entnommen sind. In den Mottos klingt eine Vielfalt unter-schiedlichster Untertöne an, die von ironisch überspitzt, klangvoll poetisch, explizit politisch bis persönlich auffordernd reichen. Auf der Halbsäule sieht man Fotografien von dem in Chicago ansässigen Künstler Whit Forrester und der in Berlin lebenden Künstlerin Dorothée Krings. Die Fotografien wurden ursprünglich für Info-Faltblätter der Gruppe Love Lazers z.B. zur PrEP-Therapie (Prä-Expositionsprophylaxe), einer noch jungen, kontrovers diskutierten Möglichkeit der HIV-Prävention, produziert. Love Lazers ist eine mit Hot Club in Verbindung stehende Initiative, die Aufklärungsarbeit und Diskussion zu bewährten und neuen Möglichkeiten, sich vor HIV und sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen, zum Ziel hat. Die entsprechenden Faltblätter liegen ebenfalls zum Mitnehmen in der Ausstellung auf. Der Boden des ersten Raumes besteht aus einer schwarzen, lackartigen Kunstharzfläche, der die metaphorische Funktion einer Tanzfläche zukommt. Die glatte, schwarz spiegelnde Oberfläche des Ausstellungsbodens kann u.a. mit BDSM (Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism), nicht-normativen Sexpraktiken Smartphone- und Computerdisplays assoziiert werden.
Der zweite Raum wird durch eine Eingangskonstruktion in der Form eines Anus betreten. Diese Konstruktion bildet an HC Veranstaltungen ein immer wieder neu gestalteten Eingang (abwechselnd auch in Form einer Vagina) zum Darkroom. Die Wände des dahinter befindlichen Raumes sind gelb und blau gestrichen. Für viele schwulen Männer lassen sich dieser spezifische Gelb- und Blauton leicht als ikonische Erkennungsfarben
der beiden grössten schwulen Onlineplattformen PlanetRomeo (die „blauen Seiten“) und Grindr decodieren. An der einen Wand hängt eine Sammlung von verschiedenen Druckerzeugnissen, welche die Geschichte der HC Veranstaltungen dokumentieren. An der Wand nebenan befindet sich die eingangs erwähnte Cockpic-Installation. Die Praxis vom Schiessen und Versenden von Cockpics in der digitalen Welt wird so in einen physischen Raum übersetzt. Dieser Raum, der in sich die (semi-)anonymen Räume des Darkrooms und des Chatrooms vereint, sowie die Ausstellung als Gesamtinstallation, verweist auf das Spannungsfeld von realen Räumen (z.B. Darkrooms, Klappen, Cruising Parks, selbst-organisierte Räume wie die Binz) und digitalen Räumen, und deren wechselseitige Einflussnahme sowie eine etwaige, einseitige Gefährdung der physischen Räume. Das Anliegen der Ausstellung ist mit Komplizenschaften solchen Entwicklungen entgegenzuwirken und die Bedeutung dieser gesellschaftlichen Transformationen zu diskutieren.

                                                                                                                                                                                      Text: Les Complices*

Programm:

06.04.2016, 19 Uhr

Ausstellungseröffnung: Hot Club and Friends: jenseits von aktiv und passiv



08.04.2016, 23 Uhr

Hot Club Party, blaues Haus, Kochareal, Rautistrasse 22

mit Bambi Deluxe (les belles de nuit, zh), Hagen Richter(het, Berlin), m50(etc radio, Chicago), Murat Önen- live-(hfbk, Dresden), Qui(Connwax, ifz, Leipzig) und Gold Tier(Schwuz, Berlin)

12.04.2016, 19 Uhr

Close Viewing, Filmabend mit Filmen aus der Cinenova Filmsammlung und anschliessender Diskussion

http://cinenova.org/filmdetail.php?&filmId=282

http://cinenova.org/filmdetail.php?&filmId=86

17.04.2016, 15 Uhr

Dildo* workshop, bitte anmelden unter: info@lescomplices.ch


30.04.2016, 18 Uhr

Talk serious!Ficken ohne Gummi?- Über die Pille davor, PrEP und neuen Safer Sex. Diskussionsabend mit anschliessender Führung durch die Ausstellung

Diese Diskussion knüpft an die Flyer und Infotexte der Gruppe Love Lazers an: Ist ein Ende der Aids-Epidemie in einigen Jahren realistisch möglich? Und das möglicherweise zu grossen Teilen gar ohne Kondom? – In einem Talk wird der aktuelle Wissensstand, die Verfügbarkeit und die rechtliche Situation zu einer neuen Präventionsmethode – der Präexposititonsprophylaxe – in der Schweiz, in Frankreich und Deutschland dargestellt. Die Diskussion nimmt derzeitige aktivistische Forderungen für die sofortige Zulassung und gleichzeitige Kostenübernahme dieser Maßnahme durch die Krankenkassen oder die öffentliche Hand (Gesundheitsfonds) auf und fragt zugleich, warum die Diskussion so emotional geführt wird. Dafür werden die Wünsche und Befürchtungen, die Träume und Ängste von MSM, der nachwievor am häufigsten von HIV betroffenen Gruppe, in den Mittelpunkt zu stellen sein. Gäste: Checkpoint Zürich (schwules Gesundheitsprojekt), Love Lazers Infoprojekt (Berlin, Leipzig, Zürich).

Wir freuen uns auf euch!

Hot Club, Martina, Gökçe, Les Complices*

Programm

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