Tim Zulauf/KMUProduktionen haben zusammen mit Les Complices* das installative Schauspiel-Projekt Die Zeitschrift in der Rahmenhandlung produziert: In einer Kombination aus schauspielerischem Aufführungsloop und Videofilm entwirft das Projekt ein dichtes Netz von Fiktionen rund um die Ausstellungssituation und ihre Besucher_innen und reflektiert dabei die Bedingungen und Möglichkeiten des Ausstellens.
Um die architektonische Hülle zu aktivieren, waren alle Räume von Les Complices*, samt Büro und Küche, leergeräumt und mit Blöcken in Sitzhöhe versehen. Diese Sockel ermöglichten freie Sichtlinien auf die Performance in Strasse und Hof. Gleichzeitig verschränkten sie als Teil des Filmsets die im Videofilm gezeigten Handlungen mit der Ausstellungssituation und den Aktionen des Publikums. Kernstück der Inszenierung bildete eine Zeitschrift, die gestapelt als Zeitungsdruck in den Ausstellungsräumlichkeiten auflag. In ihr fand sich der gesamte, zur Aufführung gelangende Stücktext mit den Figuren eines Fotografen, einer Rahmenmacherin und der Leiterin eines Körpersprache-Seminars. Die Erzählung drehte sich um eine bis anhin gut funktionierende "Rahmenhandlung" die, laut der vormaligen Mieterin, unerwartet zwangsgeräumt und von einem Tag auf den andern von einem Institut für Gesten- und Körpersprachetraining genutzt wurde. Der plötzliche Wechsel irritiert nicht nur die Rahmenmacherin selbst, sondern auch den Fotografen, der bei ihr vorbeikommt, um für mangelhaft gefertigte Bilderrahmen Ersatz zu verlangen. Im Keller des Ladenlokals suchen die beiden nach Aufschluss und erfahren Ungewöhnliches über den Rhetorik-Kurs und dessen angebliches Lehrmittel – eine Zeitschrift, deren Text alle ihre Gedanken und Dialoge vorgefasst zu enthalten scheint.
Der Live-Schauspiel-Loop von 25 Minuten spielte sich im Aussenraum und im Keller unter dem Ausstellungsgeschoss ab, während der Videofilm mit 13 Minuten Länge als Projektion im Innern gezeigt wurde. Via Funkmikrophonübertragung gelangte der draussen gesprochene Live-Ton auf ein Lautsprechersystem in das Innere der Räume. Die Zuschauer_innen verfolgten das Schauspiel in so grosser akustischer Nähe, dass der Übergang zwischen Video- und Live-Spiel kaum zu hören war. Die Schauspielsequenzen, etwa im Keller, konnten daher teils erst aktiv, über das Nachlesen in der Zeitschrift, verortet werden. Dieser mediale Effekt stellte eine produktive Irritation dar, die für gleitende Effekte zwischen Hörspiel, Theater und – durch Architektur, Fenster und Türen gerahmter – filmischer Blick-Einstellung sorgte. Schritt für Schritt wurden die Besucher_innen dabei von Rezipient_innen in die Situation von Kursteilnehmer_innen des Körpersprache-Seminars versetzt. Während den Öffnungszeiten spielt die Installative Dramatisierung in drei bis vier Loops, der Einstieg ist fortlaufend möglich.
Der Versuch der im Text enthaltenen Figuren, einem vorgefassten Text zu entkommen mündet in Wiederholungsschlaufen, in denen sich Körperbilder, Aneignungsstrategien und Präsentationstechniken immer wieder auflösen und neu ineinanderfügen. Mit der komplexen Verschachtelung von Rahmungsfragen und Inhalten ermöglicht Die Zeitschrift in der Rahmenhandlung Einblick in die Frage, wieweit wir mit unseren Handlungen den (sozialen) Text bestimmen und wann dieser (soziale) Text unser Handeln bestimmt.
Trotz aller inhaltlichen Komplexität entwickelt sich eine leichte und elegante Analyse der verschiedenen Rahmungen, die der künstlerischen Arbeit, körperlichen Ausdrucksformen und dem Betrachten von Kunst eingeschrieben sind. Der Ausstellungsraum Les Complices* hat mit dem medienübergreifenden Ausstellungsprojekt zu einer Reflexion der künstlerischen Praxis unter narrativen Vorzeichen eingeladen.
Text, Projekt: Tim Zulauf
Schauspiel: Birgit Stöger, Cathrin Störmer (im Video), Andreas Storm
Dramaturgie: Andreas Storm
Video: Franziska Koch
Produktion: Andrea Thal/Les Complices*
Zeitungsedition: Georg Rutishauser/edition fink
Fotos: Andreas Lehner
Umsetzungsarbeiten: Markus Bösch
Link: www.zulauf.it
Download:
Die Zeitschrift in der Rahmenhandlung ist eine Koproduktion von KMUProduktionen, Les Complices* und Migros-Kulturprozent.
Mit Unterstützung durch die Fachstelle Kultur Kanton Zürich, die Dr. Adolf Streuli-Stiftung und die Schweizerische Interpretenstiftung.
