Die Ausstellung Akrep zeigt zwei Installationen der Künstlerin Mirkan Deniz. Damit knüpft sie an die frühere Arbeit Sokak Sinir (2016) an, in der sie mithilfe der Rekonstruktion eines türkischen Militärfahrzeugs Bezug auf die aktuelle politische Lage von Kurd*innen in der Türkei nimmt.
Akrep
Für ihre aktuelle Arbeit hat sie nun weitere Teile des Panzerwagens, der in der Türkei mit Akrep – dem türkischen Wort für „Skorpion“ - bezeichnet wird, rekonstruiert. Die Teile des Fahrzeuges werden als einzelne Objekte im Raum platziert. Ihre Präsenz birgt im Rahmen der Ausstellung ein überwältigendes und beklemmendes Potential. Die dekonstruierte Darstellung des Militärfahrzeugs kann bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Reaktionen hervorrufen – die Angst vor Sicherheitsverlust und der Wunsch nach Autorität stehen hier einem Gefühl von Erleichterung und Befreiung gegenüber. Des Weiteren verweist das wortwörtliche Aufbrechen des vermeintlich geschlossenen, undurchdringbaren Panzers auf die Möglichkeit der Entwaffnung und Entmachtung des unterdrückenden Regimes hin.
Die Rezipient*innen sind gezwungen sich zwischen den drei ausgestellten Teilen des Fahrzeugs hindurch zu bewegen, um den zweiten Teil der Ausstellung, der sich im hinteren Raum befindet, zu sehen.
Barikat
In dem kleineren, schwarz gestalteten Raum wird ein Video projiziert, das die Künstlerin beim Nachbau einer Strassenbarrikade zeigt. Anschliessend schreibt sie auf kurdisch „Meine Tochter, hoffentlich kommst du nicht lebendig aus diesem Bunker heraus“ auf ein weisses Tuch.
Sowohl der Barrikadenbau, als auch der zitierte Satz beziehen sich auf aktuelle Geschehnisse im kurdischen Teil der Türkei. Die türkische Regierung geht unter dem Deckmantel der „Terrorbekämpfung“ mit äusserster Brutalität gegen die Zivilbevölkerung vor. Zusätzlich werden die Lebensbedingungen durch Ausgangssperren und erhöhte Militär- und Polizeipräsenz verschärft. Die Repressionen erfolgen vollkommen willkürlich und in unvorstellbarem Ausmass. Aus diesem Grund haben die Menschen begonnen Barrikaden in den Strassen zu errichten, um die Militärfahrzeuge zu behindern. Die türkischen Streitkräfte richten ihre schwere Artillerie auch auf Wohnhäuser, weshalb Sichtschutz durch Tücher ebenfalls eine wichtige Überlebensstrategie ist.
Im Fokus der künstlerischen Praxis stehen für Mirkan Deniz der Versuch das Geschehen im südöstlichen Teil der Türkei, durch die körperliche Rekonstruktion – zum einen durch Objekte, zum anderen durch eine performative Praxis – besser zu verstehen und zu durchdringen. Dies dient dazu den Rezipierenden etwas über den täglichen Überlebenskampf der Kurd*innen zu vermitteln. Dies ist wichtig, da diese Themen in der westlichen Welt medial kaum Beachtung finden und dementsprechend eine sehr eingeschränkte Berichterstattung erfolgt. Des Weiteren möchte die Künstlerin mit ihrer Arbeit dokumentieren und archivieren. Sie versteht dies als Gegenentwurf zur radikalen Zensur durch das türkische Regime, die oft die Zeugnisse ihrer Gräueltaten aus dem Internet entfernt.
Text: Reem Kadhum
Bild: Videostill Akrep